Erinnerungsbilder und Gedächtniskonstruktionen. Das Erbe des Ersten Weltkriegs in Zentraleuropa (1918–1939) / Images of Remembrance and the Construction of Memories. The Legacy of the First World War in Central Europe (1918-1939)

Erinnerungsbilder und Gedächtniskonstruktionen. Das Erbe des Ersten Weltkriegs in Zentraleuropa (1918–1939) / Images of Remembrance and the Construction of Memories. The Legacy of the First World War in Central Europe (1918-1939)

Veranstalter
Kompetenzzentrum für Regionalgeschichte der Freien Universität Bozen; Institut für Geschichte der Universität Wien; Zentrum für Jüdische Studien der Universität Graz
Veranstaltungsort
Fakultät für Bildungswissenschaften
Ort
Brixen (Südtirol)
Land
Italy
Vom - Bis
07.11.2019 - 08.11.2019
Deadline
31.03.2019
Website
Von
Oswald Überegger

Erinnerungsbilder und Gedächtniskonstruktionen. Das Erbe des Ersten Weltkriegs in Zentraleuropa (1918–1939)

Die zahlreichen, von unterschiedlichen Disziplinen und aus verschiedenen Perspektiven verfassten Publikationen, die im Kontext der Erinnerungsjahre 2014/18 erschienen sind, verfestigten das Bild des Ersten Weltkrieges als eine der prägendsten Zäsuren des 20. Jahrhunderts. Das Kriegsgeschehen, die bis dahin nicht gekannte Gewalteskalation und materielle Nöte erschütterten die europäischen Gesellschaften ebenso tiefgreifend wie die politischen, teils revolutionären Umwälzungen durch den Zerfall der multiethnischen Imperien und der ihnen folgende Aufstieg des nationalstaatlichen Prinzips. Alle diese Ereignisse bedurften sowohl auf kollektiver wie auch individueller Ebene des Versuchs einer sinnstiftenden Verarbeitung, die ihren Ausdruck nicht zuletzt in den unterschiedlichen Narrativen oder Kulturen der Kriegserinnerung in der Zwischenkriegszeit fand. Dieser Erinnerungs- und Verarbeitungsprozess bildete auch die Basis für Interpretationen des Krieges, die sich zu durchaus unterschiedlichen Deutungsstereotypen verfestigten, deren Wirkmächtigkeit vielfach die Zäsur von 1945 weit überdauerte. Verschiedene Aspekte und Akteure sowie – wenn auch weit seltener – Akteurinnen der Kriegserinnerung waren bereits Gegenstand von Untersuchungen, eine systematische und vergleichende Zusammenschau unter Berücksichtigung unterschiedlicher sozialer, ethnischer, religiöser und politischer Gruppen oder geschlechtsspezifischer Fragestellungen ist bislang für den Raum Zentraleuropa jedoch noch nicht erfolgt.

Die Tagung „Erinnerungsbilder und Gedächtniskonstruktionen. Das Erbe des Ersten Weltkriegs in Zentraleuropa (1918–1939)“ möchte daher den Fokus auf unterschiedliche Ebenen und Praxen der Kriegserinnerung in Zentraleuropa legen. Hierbei geht es primär um den Raum der ehemaligen Habsburgermonarchie sowie deren Nachfolgestaaten. Im Sinne einer wünschenswerten komparativen Perspektive sollen fallweise aber auch andere europäische Regionen in den Blick genommen werden. In zeitlicher Hinsicht stehen die Konstitutionsprozesse der Kriegserinnerung in der Zwischenkriegszeit im Mittelpunkt.

Für die Tagung von Interesse sind Beiträge, die theoretisch-methodisch innovative Ansätze im Bereich der neuen Kultur- und Militärgeschichte, der Memory Studies, der Frauen- und Geschlechtergeschichte und der interdisziplinären Forschung operationalisieren. Es geht zum einen um Fragen nach den jeweils relevanten Akteuren und Akteurinnen, die unterschiedliche Erinnerungskulturen repräsentierten, und zum anderen um deren Hierarchisierung im Rahmen der Inklusions- und Exklusionsmechanismen mit Blick auf das öffentlich-hegemoniale Kriegsgedächtnis. Welche politischen und gesellschaftlichen Entstehungs-, Sedimentierungs- und Medialisierungsprozesse von Erinnerung lassen sich ausmachen? Auf welche Weise und von wem wurde die Kriegserinnerung lanciert beziehungsweise forciert, und was für Narrative wurden dabei ignoriert? Welche Erinnerungsmedien spielten in Bezug darauf eine entscheidende Rolle?

Ferner geht es um die Frage der mit dem Krieg in Verbindung stehenden, sich auch wandelnden Erinnerungsdeutungen und den Formen der Instrumentalisierung des Krieges. Der vergangene – gewonnene oder verlorene – Krieg wurde gleichsam prospektiv jeweils für unterschiedliche Zwecke und Vorhaben in Erinnerung gerufen. Für wen, gilt es zu fragen, war der Krieg wann, in welcher Form und im Rahmen welcher Argumentationsstrategien ein Bezugs- oder Referenzpunkt? Im Fokus sollen dabei nicht nur die dominanten, öffentlich sichtbaren Gruppen stehen, sondern auch die vielfach „schweigende Masse“. Es geht also auch um den bisher noch nicht genügend erforschten Bereich der privaten und kleinräumigen Erinnerungskulturen. Wie gestaltete sich die Kriegserinnerung in unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen, die im Schatten der im öffentlichen Raum agierenden Erinnerungskollektive bisher von der Historiographie vernachlässigt wurden? Welche Bedeutung kommt diesbezüglich den Kategorien Geschlecht, Ethnizität oder auch Religion zu?

Schließlich zielt die Tagung auch auf eine regionale resp. grenzüberschreitende Vergleichsebene ab, um im Rahmen konkret definierter Entwicklungszeiträume Ähnlichkeiten ebenso wie Differenzen in den lokalen, regionalen und nationalen Narrativen und Strategien der Kriegserinnerung in Zentraleuropa in den Blick zu bekommen.

Forschende unterschiedlicher Disziplinen sind dazu eingeladen ein (deutsch- oder englischsprachiges) Abstract (max. 300 Worte und Kurzbiografie) bis 31. März 2019 an regional.history@unibz.it zu senden. Tagungssprachen sind Deutsch und Englisch mit Simultanübersetzung.

Die Tagung findet von 7. bis 8. November 2019 an der Freien Universität Bozen (Campus Brixen, Fakultät für Bildungswissenschaften) statt. Die Organisator/innen bemühen sich um die Übernahme der Reise- und Aufenthaltskosten aller Vortragenden.

Konzeption: Christa Hämmerle, Gerald Lamprecht, Oswald Überegger

Die Tagung ist eine Kooperation des Kompetenzzentrums für Regionalgeschichte der Freien Universität Bozen mit dem Institut für Geschichte der Universität Wien und dem Centrum für Jüdische Studien der Universität Graz.

Images of Remembrance and the Construction of Memories
The Legacy of the First World War in Central Europe (1918-1939)

Numerous publications, written from different perspectives and different academic disciplines, appeared during the centenary years of 2014 to 2018, consolidating the image of the First World War as one of the most significant turning points of the twentieth century. European societies were unsettled by the war events, the hitherto unprecedented escalation of violence, deprivation and hardship as well as by political and revolutionary repercussions in the aftermath of the collapsing multi-ethnic empires and the subsequent rise of the concept of the nation state. These developments needed to be processed and given meaning at both the collective and individual levels that were expressed by several commemorative narratives or cultures in the interwar period. The process of remembering and rendering meaning was the basis of different war interpretations that turned into various divergent stereotypes remaining effective far beyond the historical watershed of 1945. Historians and other scholars have investigated several aspects and both male and female actors – albeit the latter to a lesser extent – of war remembrance. However, a systematic and comparative synopsis that takes into account different social, ethnic, religious and political groups as well as gender specific issues for entire Central Europe is still missing.

The conference “Images of Remembrance and the Construction of Memories. The Legacy of the First World War in Central Europe (1918–1939)” focuses on different aspects and practices of war remembrance in Central Europe on the territory of the former Habsburg Monarchy and its successor states. However, for the purpose of a comparative perspective, case studies on other European regions are also welcome. The temporal emphasis is on the interwar-period when war remembrance was constituted.

We are looking for contributions that apply theoretically and methodologically innovative approaches from the new cultural and military history, memory studies, women’s and gender history as well as the field of interdisciplinary research. The papers should emphasise either on relevant male and female actors who represented different cultures of remembrance or on how these cultures were hierarchised within the framework of mechanisms of inclusion and exclusion in terms of the public hegemonic commemoration of the war. Which political and social formation, stabilisation and medialisation processes of remembrance can be identified? Who promoted or rather propelled which kind of war remembrance and by what means? Which narratives were ignored in these processes? Which types of media played a decisive role?

We also welcome contributions that examine how war memories were interpreted and instrumentalised over the course of time. Winners and losers of the bygone war prospectively invoked different memories for their own purposes. It is necessary to ask when and for whom the war was a point of reference and what argumentation strategies were used. We aim to bring together papers that not only emphasise on publically visible and dominant groups but also on the “silent masses”, that is on small-scale, local and private war memories which have not yet been adequately researched. What can we find out about the war remembrance of different social groups that remained in the shadow of the public’s collective memories, a topic which has been widely neglected by historical research for a long time? What role do categories such as gender, ethnicity and religion play in this respect?

Finally, the conference also intends to make regional and international comparisons in order to highlight similarities and differences of local, regional and national narratives and strategies of war remembrance in Central Europe.

Scholars of relevant disciplines are invited to submit an abstract, either in German or English (300 words max.), and a short biography until 31 March 2019 to regional.history@unibz.it. Conference languages are German and English, simultaneous translation will be provided.

The conference will take place at the Free University of Bozen/Bolzano (Campus Brixen/Bressanone, Faculty of Education) from 7 to 8 November 2019. We will try to reimburse travel and accommodation expenses of all contributors.

Concept: Christa Hämmerle, Gerald Lamprecht, Oswald Überegger

The conference is organised by the Competence Centre for Regional History of the Free University of Bozen/Bolzano, the Department of History of the University of Vienna and the Center for Jewish Studies of the University of Graz.

Programm

Kontakt

Oswald Überegger

Kompetenzzentrum für Regionalgeschichte, Freie Universität Bozen, Kreuzgasse 7, 39042 Brixen (Südt.)

oswald.ueberegger@unibz.it